Donnerstag, 11. Juni 2015

Serie Gipfeli-Konferenz: Real Estate

Das Leadership-Forschungsprojekt  der HWZ befasst sich damit, das Leadership-Verständnis von Firmen und Stakeholdern bei ihrer gemeinsamen Wertschöpfung in einer wissensbasierten und vernetzten Gesellschaft vertieft zu erforschen. Im Sinne des Netzwerkgedankens als zentralem Aspekt eines zukünftigen Leadership-Verständnisses soll auch das Forschungsprojekt auf ein breites Netzwerk abgestützt werden. In Ergänzung zu den HWZ-internen Kompetenzzentren wird ein intensiver Austausch mit weiteren Stakeholdern gesucht. Mit den Leadership 3.0 – Gipfelikonferenzen wird den Führungspersonen der einzelnen Branchen einerseits eine Möglichkeit zum Austausch gegeben. Andererseits erhoffen wir uns wichtige Anregungen für die Leadership 3.0 zu bekommen. Dieses Mal gaben uns die Herren der Immobilien-Branche die Ehre.
Begrüssen durften wir Omar Dewji von der Moby Dick Productions AG, besser bekannt als Produzenten von Homegate-TV, Marco Feusi, Partner von Wüest & Partner, Marco Heusser, Geschäftsleitungsmitglied der Prestige Immobilien AG, Jürg Steiner, Geschäftsleiter der Stiftung PWG, Felix Thurnheer, Geschäftsführer der ImmoCompass AG sowie Seitens der HWZ Peter Ilg, Leiter des Swiss Real Estate Institut, Claudio Müller, Studiengangsleiter des MAS Real Estate und Sybille Sachs, Leiterin des Instituts für Strategisches Management.

Um den Vergleich zu anderen Branchen herstellen zu können, werden in jeder Runde die gleichen Fragen diskutiert:
  • Welche strategischen Herausforderungen gibt es in der Branche?
  • Welche Leadership-Anforderungen müssen im Rahmen dieser strategischen Herausforderungen erfüllt werden?
  • Wie ist der eigene Umgang mit diesen beiden Themen?
Die Zusammensetzung der Gruppe war sehr heterogen, einerseits betreffend der  Rechtsformen/Eigentumsverhältnisse der vertretenen Firmen wie auch der Geschäftsmodelle. Trotz dieser Diversität der Teilnehmer haben sich einige Punkte klar herauskristallisiert.
Die Immobilienbranche kann auf einige erfolgreiche Jahre zurückschauen. Die Regulierungen wie im Bankenbusiness machen sich jedoch nun auch bei der Immobilienbranche bemerkbar. Weiter ist nicht abzusehen, welche Auswirkungen vergangene und zukünftige Volksinitiativen auf die Branche haben werden. Je nach Ausgang der Initiativen kann sich das auf den Wirtschaftsstandort Schweiz insofern auswirken, dass grosse Holding-Gesellschaften den Standort wechseln. Davon betroffen wird dann auch der Büro- und Wohnungsmarkt sein.

Die Immobilienbranche ist stark von der Digitalisierung betroffen. Wenn Unternehmungen aus dem  Retailhandel auf Grund des Onlinehandels Geschäfte schliessen müssen oder Firmen dank neuen Arbeitsplatzmodellen wie Homeoffice und Share-Modellen weniger Büroräumlichkeiten brauchen, ist das in der Branche spürbar. Die Herausforderung besteht darin, möglichst frühzeitig Trends zu erkennen und darauf zu reagieren.

Die Digitalisierung ermöglicht Nicht-Fachleuten, im Immobilienmarkt aktiv Wohnungen zur Miete anzubieten. Auf Online-Portalen werden heute Wohnungen für Reisende für einige Tage zur Untermiete zur Verfügung gestellt. Vor allem jüngere Leute nutzen diese Möglichkeit, um so einen Zusatzverdienst zu erwirtschaften. Die Folgen dieser Entwicklung sind noch nicht abzusehen. Wie gehen Vermieter damit um, wie kann das kontrolliert und gar verhindert werden? Was passiert, wenn der Untermieter die Wohnung nicht mehr verlassen will? Dank Internet und der Möglichkeit, über Plattformen Nachmieter oder einen Käufer für die eigene Wohnung zu finden, wird der Immobilienmarkt zu einem Markt für jedermann. Jeder kann sich als Immobilienmakler betätigen. Die Qualität der Informationen, die man auf dem Internet findet, verlieren jedoch an Substanz, weil bei Privatpersonen oft nur Halbwissen vorhanden ist.

Am meisten Einfluss hat die Digitalisierung im Arbeitsbereich. Viele Stellen, insbesondere im administrativen Bereich, werden je länger je mehr völlig wegfallen. Daneben werden zwar neue Stellen entstehen, aber die verlangen andere Kompetenzen. Der Beratungsbereich benötigt Mitarbeitende mit ausgeprägten analytischen Fähigkeiten, um die grossen Mengen an Daten auszuwerten und zu analysieren, Mitarbeitende mit Marktkenntnissen und Beratungsfähigkeiten, und Mitarbeitende, die  als „Übersetzer“ zwischen diesen beiden Bereichen vermitteln. Im Verwaltungsbereich werden je länger je mehr Sozialkompetenzen verlangt, um den unterschiedlichen Konflikten zu begegnen, die bei Mietverhältnissen entstehen.

Regularien werden nur bedingt als Herausforderung angesehen. Weil private  Hauseigentümer durch die neuen Gesetze und die entstehenden Gerichtsstreitigkeiten immer weniger in der Lage sein werden, ihre Renditeobjekte, wie Mehrfamilienhäuser und Büroliegenschaften selber zu betreuen und hier auf gute Dienstleistungen angewiesen sind, können Teile der Branche profitieren. Der Umgang mit den Mietern ist dabei ein Fokusthema. Die Immobilienverwaltung übernimmt dabei oft die Rolle als Mediator zwischen Eigentümer und Mieter. Professionelle Dienstleistungen werden als Chance für die Branche angesehen. Es ist durchaus auch die Bereitschaft für angemessene Bezahlung da, sofern die Leistung stimmt. Institutionelle Verwaltungen wurden massiv professionalisiert und geben diesbezüglich als Leader den Standard vor.

Die Schweiz wird in der Immobilienbranche als annähernd gesättigter Markt angesehen. Wenn nun ein Wachstum angestrebt wird, bleibt nur der Schritt ins Ausland. Internationalisierung und die damit verbundenen Herausforderungen beschäftigen einige unserer Diskussionsteilnehmer. Die Expansion  ins Ausland verlangt entsprechende Ressourcen, wie etwa gut qualifizierte Mitarbeitende, die den neuen Markt kennen und bearbeiten können.

Die grösste Herausforderung sehen die Diskussionsteilnehmer daher in der Führungsarbeit und Nachwuchsförderung vor allem in der Immobilienverwaltung und in einem gewissen Umfang auch in der Beratung. Auch der Immobilienbranche fällt es trotz zum Teil guten Löhnen  nicht leicht, gut qualifizierte Leute zu finden. Der finanzielle Anreiz allein reicht nicht aus, um in dieser Branche zu arbeiten. Die vielen Streitigkeiten mit den unterschiedlichsten Anspruchsgruppen in der Immobilienverwaltung sind zermürbend und machen die Arbeit häufig unattraktiv. Alle in der Runde sind sich einig, dass gute Dienstleistung am Kunden nur mit gut qualifizierten Mitarbeitenden möglich ist. Sinnstiftende Arbeit mit einem hohen Freiheitsgrad und angemessenen Unternehmermöglichkeiten sollen sicherstellen, dass sich die Mitarbeitenden wohlfühlen. Der Work-Life-Balance wird mit einer eigenen Tagesgestaltung soweit möglich durch Jahresarbeitszeit sowie Teilzeitmöglichkeiten auf allen Stufen Rechnung getragen. Die Anwesenden sind sich einig, dass es sehr wichtig ist, die unterschiedlichen Mitarbeitenden gemäss ihren Bedürfnissen zu motivieren.  Unterschieden wurde vor allem zwischen kleineren Unternehmen wie denen, die an unserer Diskussionsrunde repräsentiert waren, und den institutionellen grossen Verwaltungen. Gemäss unseren Diskussionsteilnehmern fehlt in den grossen Unternehmen oft die Identifikation mit der Arbeit, weil durch ständigen Führungswechsel auch immer wieder ein Strategiewechsel erfolgt und damit angefangene Projekte hinfällig werden. Dafür zahlen die institutionellen Verwaltungen bessere Löhne.

Die Branche vereint die unterschiedlichsten Personen mit den unterschiedlichsten Qualifikationen. Je nach Bereich braucht es eher Manager, hochqualifizierte Spezialisten oder administrative Basisqualifikationen. Um ein weiterhin gutes qualitatives Wachstum zu gewährleisten, müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die Mitarbeitenden zufrieden und motiviert sind. Für die Immobilienbranche ist es eine wichtige Frage, damit bei allen Mitarbeitenden die Neugierde und Freude an der Arbeit  aufrechterhalten werden kann.

Gabriella Signer, Sybille Sachs, Matthias Mölleney

Für weitere Gipfeli-Konferenzbeiträge:
Banking&Finance
IT
Gesundheit


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