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Mittwoch, 8. Oktober 2014

Kritik an der traditionellen Oekonomie

In einem Artikel in der NZZ vom 26.4.2014 berichtet der Redaktor Andreas Uhlig, dass Andrew Haldane, Exekutivdirektor der Bank of England, fundamentale Kritik an den Grundmauern der heutigen Ökonomie geübt habe. Er betonte dabei "dass ungehemmtes Eigeninteresse von Individuen und Unternehmungen, Gier und grenzenloser Wettbewerb ... der Gesellschaft geschadet und sie ärmer gemacht habe." Er plädierte dafür, "einige der grundlegenden Bausteine der vorherrschenden Ökonomie zu überdenken. “Dies würde zu einer Neuformulierung von Annahmen und Erkenntnissen der volkswirtschaftlichen Theorie führen. Aber auch auf der Stufe der einzelnen Unternehmung und in der Theory of the Firm hätte das weitreichende Konsequenzen.

Aus der Sicht unseres Institutes ist die Kritik einer so renommierten Persönlichkeit von speziellem Interesse, da wir schon seit mehr als 10 Jahre unserer Forschung auf eine solche Kritik der Grundannahmen der Theory of the Firm und der unternehmerischen Strategie ausgerichtet haben.

Mittwoch, 2. April 2014

Gute Theorien

In Kreisen der  Wissenschaften trifft man häufig die Meinung an, eine Theorie sei gut, wenn sie modellmässige Ursachen-Wirkungszusammenhänge (Kausalitäten) und quantitativ ausdrückbare Resultate zeigen könne. Diese Ansicht geht auf die sogenannten exakten Wissenschaften zurück, wo sie vielleicht Gültigkeit haben mag.Wie steht es aber damit in den Geistes - und Sozialwissenschaften?

Bei der Durchsicht führender Fachzeitschriften, etwa der Oekonomie, gewinnt man den Eindruck, dass diese Auffassung ebenfalls uneingeschränkte Gültigkeit habe. Es dominieren Beiträge, die in irgendeiner Form quantitative Aussagen und modellmässige Kausalitäten aufzeigen können.

Mittwoch, 5. Februar 2014

Dschungelcamp Stakeholdermanagement

Ich habe das RTL Dschungelcamp geschaut (und damit enden die persönlichen Enthüllungen). Viel wurde über dieses Sendeformat, in welchem sich mehr oder weniger prominente Menschen im Dschungel ekelerregenden Prüfungen unter Einschluss der Öffentlichkeit stellen müssen, bereits geschrieben oder diskutiert. Betrachten wir aber das Dschungelcamp für einen Moment aus der Perspektive des unternehmerischen Stakeholdermanagements, welches zum Ziel hat, mithilfe der Anspruchsgruppen einer Organisation einen möglichst hohen gemeinsamen Nutzen zu erwirtschaften. Man spricht dann von integrativen oder „win-win“ Ergebnissen. In diesem Gedankenexperiment ist RTL die interessierende Unternehmung, welche das Produkt „Dschungelcamp“ ausstrahlt und verkauft.

Mittwoch, 22. Januar 2014

Masseneinwanderungsinitiative: geht es wirklich nur um Einwanderungspolitik und wirtschaftliche Erfolgsmodelle?


Bei der Masseneinwanderungsinitiative geht es um sehr viel. Durch die Aufkündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU (notabene eine ihrer vier Grundfreiheiten) gerieten möglicherweise die gesamten bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU ins Wanken. Allen voran bekämpft die Wirtschaft die Initiative. Sie betont die Wichtigkeit der Personenfreizügigkeit für die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Eine Abkehr davon geschähe auf Kosten des wirtschaftlichen Erfolgsmodells Schweiz.

Wirtschaftkreise argumentieren immer ähnlich bei Vorlagen, welche sie potentiell negativ tangieren. Aus deren Sicht ist das grundsätzlich verständlich. Die zuweilen übertrieben anmutenden Szenarien von wirtschaftlichen Düsterkeiten im Falle eines Jas zielen aber mutmasslich darauf wirtschaftsfernere Kreise das Fürchten zu lehren, so dass diese im Sinne der stark partikular vorgebrachten Interessen der Wirtschaft abstimmen. Im Nein-Lager zur Initiative sind die wirtschaftlichen Argumente klar dominant.

Geht es den Gegner primär um wirtschaftlichen Liberalismus, geht es den Befürwortern im Kern um die Einführung einer restriktiveren Einwanderungspolitik. Beide Argumentationen missachten, dass die Migration zu erfolgreichen Metropolregionen (durch hoch oder niedrig Qualifizierte) eine elementare, politisch nicht verhinderbare Realität der heutigen Welt ist. Die Migration zu diesen Metropolregionen ist ein globales Phänomen: ob Zürich, Hamburg, Paris, Mumbai oder Moskau: alle erfolgreichen Metropolregionen ziehen Menschen aus dem jeweiligen In- und Ausland an. Dies hat neben klar positiven Auswirkungen auch negative: nicht nur verändert sich die Siedlungsstruktur sondern die gesamte infrastrukturelle und soziale Geographie einer Gegend verändert sich (z.B. Dichteprobleme wie Wohnraumknappheit; schnell ändernde gesellschaftliche Gefüge).
 
Mit einer Masseneinwanderungsinitiative ist dem nicht beizukommen. Trotzdem haben in vielen europäischen Ländern konservativ-isolationistische Kräfte Zulauf. Deren Lösungsansatz einer Rückkehr zum autarken und heilen Nationalstaat muss unter den gegebenen Realitäten jedoch scheitern. Umgekehrt lösen Forderungen nach grenzenlosen wirtschaftlichen Opportunitäten diese Probleme selbstredend auch nicht. Im Gegenteil, sie fördern den Trend der Migration in die Metropolregionen (z.B. Stichwort „Wettbewerb um Talente“) ohne deren Probleme sehen zu wollen oder zu reflektieren.

Die guten Erfolgsaussichten der Masseneinwanderungsinitiative können u.a. so gelesen werden, dass dahinter u.a. die erwähnten vielschichtigen Probleme der Migration in Metropolregionen stehen: dieser Schuh drückt viele BürgerInnen. Die Diskussion sollte sich daher im Kern nicht darum drehen, ob – spitz formuliert – die Schweiz eine völlige (wirtschaftliche) Isolation oder eine totale wirtschaftliche Öffnung will. Sondern darum, wie die (schon seit vor der Personenfreizügigkeit stattfindende) Realität des Zuzugs in erfolgreiche Metropolregionen für möglichst alle Anspruchsgruppen positiv oder zumindest erträglich gestaltet werden kann. D.h. die Politik ist gefordert, die Probleme anzugehen. Davon ist man aber noch weit entfernt, gerade auch im trotz EU sehr heterogenen und institutionell nur partiell verwobenen Europa.

Bei einem echten problemorientierten Ansatz trüge aber auch die Wirtschaft eine grosse Verantwortung: sie müsste unbedingt davon ablassen, ihre Interessen politisch zu partikular – und daher von den Anliegen der „Allgemeinheit“ entkoppelt – zu bewirtschaften. Da bei einem Nein kein Druck mehr vorhanden ist, wird dies aber kaum eintreten. Ein Ja umgekehrt führte in eine nicht problemorientierte Isolation.

Fazit: Bezüglich der Frage, ob nun ein Ja oder ein Nein in die Urne gehört, schliesse ich mich Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga an, die in der Polit-Sendung Arena vortrug, dass ein Ja aus reinem Protest in dieser Abstimmung fehl am Platz sei.

Claude Meier