Der VW-Skandal zeigt auf eindrückliche Art und Weise, dass
moralischer Verfall oft ansteckend ist. Es wird nun geschätzt, dass ein paar Dutzend
Mitarbeiter über Jahre direkt in den Manipulationen involviert waren, ohne dass
auch nur eine einzige Person als „Whistleblower“ hervorgetreten sei. Wie es
dazu genau kommen konnte, wird heute noch untersucht und darüber spekuliert.
Was auch immer bei diesen Untersuchungen herauskommen wird, für mich ist dieser
Fall symptomatisch für eine Wirtschaftsordnung, die die Menschen nahezu systematisch
zwingt, ihre gelebten und kultivierten Werte zwischen ihrer professionellen
Tätigkeit und ihrem privaten Umfeld zu trennen. Am Wochenende kümmert man sich
führsorglich um die Familie oder man engagiert sich brüderlich, bzw.
schwesterlich in der Kirche. Am Montag verhandelt man dann aber wieder
knallhart, um den besten Preis, das höchste Salär oder den grössten Profit zu
ergattern, allzu oft achtlos, ohne die weiteren menschlichen, sozialen und
ökologischen Konsequenzen zu bedenken.