Mittwoch, 8. Oktober 2014

Kritik an der traditionellen Oekonomie

In einem Artikel in der NZZ vom 26.4.2014 berichtet der Redaktor Andreas Uhlig, dass Andrew Haldane, Exekutivdirektor der Bank of England, fundamentale Kritik an den Grundmauern der heutigen Ökonomie geübt habe. Er betonte dabei "dass ungehemmtes Eigeninteresse von Individuen und Unternehmungen, Gier und grenzenloser Wettbewerb ... der Gesellschaft geschadet und sie ärmer gemacht habe." Er plädierte dafür, "einige der grundlegenden Bausteine der vorherrschenden Ökonomie zu überdenken. “Dies würde zu einer Neuformulierung von Annahmen und Erkenntnissen der volkswirtschaftlichen Theorie führen. Aber auch auf der Stufe der einzelnen Unternehmung und in der Theory of the Firm hätte das weitreichende Konsequenzen.

Aus der Sicht unseres Institutes ist die Kritik einer so renommierten Persönlichkeit von speziellem Interesse, da wir schon seit mehr als 10 Jahre unserer Forschung auf eine solche Kritik der Grundannahmen der Theory of the Firm und der unternehmerischen Strategie ausgerichtet haben.
In einer Reihe von Publikationen, insbesondere auch in unserem Buch Stakeholders Matter - A New Paradigm for Strategy in Society (1), haben wir unsere Erkenntnisse dargestellt und auch an internationalen Kongressen vorgetragen. Ganz im Sinne der Kritik von Haldane stellen wir folgende Grundannahmen in den Vordergrund:

  • Die Unternehmung kann nicht nur als rein ökonomische Handlungseinheit verstanden werden. Sie ist immer auch integraler Teil der Gesellschaft. Neben einem ökonomisch zweckmässigen Verhalten muss sie daher stets auch einer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Auch darauf hat sie sich in ihrer Strategie auszurichten.
  • Unternehmungen können nur dank dem Engagement von Menschen mit all ihren Eigenheiten Werte schaffen, seien es die Mitarbeitenden oder ihre Stakeholder. Um das Verhalten von Unternehmungen zu verstehen, greift dabei das Menschenbild des " Homo Oeconomicus", der nur seine Eigeninteressen verfolgen soll, zu kurz und führt namentlich auch zu Fehlverhalten von Managern.
  • Die Leistungserstellung und Wertschöpfung der Unternehmungen ist immer mehr auf das hochentwickelte Wissen und Können dieser Menschen angewiesen. "Knowledge" ist heute zumeist für Innovationen und nachhaltigen Erfolg viel wichtiger als Kapital. Mitarbeitende und Stakeholder sind daher, mehr als die Eigenkapitalgeber, Träger unverzichtbarer Ressourcen.
  • Für das Verständnis eines erfolgreichen strategischen Verhaltens von Unternehmungen sind diese nicht als autonome Entscheidungseinheiten im Wettbewerb zu betrachten. Sie sind immer mehr in vielfältige Netzwerke von Stakeholdern eingebunden. Wertschöpfung in solchen Netzwerken wird mehr als bedingungslose Rivalität zum primären Handlungsprinzip der Manager. Der souveräne Alleskönner hat als Leitbild des zeitgemässen Managements ausgedient.
Wir glauben, dass solche revidierte Grundannahmen zum strategischen Management auf Unternehmungsstufe zu den von Haldane geforderten Erneuerungen des ökonomische Denkens beitragen können.

(1) Sybille Sachs, Edwin Rühli (2011)"Stakeholders Matter - A New Paradigm for Strategy in Society", Cambridge University Press.

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