Mittwoch, 7. Oktober 2015

Serie Gipfeli-Konferenz: E-Commerce

Kurz nach den Sommerferien sind wir wieder mit unseren Gipfeli-Konferenzen gestartet. Hochspannend hat es angefangen mit dem Thema E-Commerce. Digitale Vordenker haben den Weg in die HWZ gefunden und diskutierten über unsere bereits bekannten Fragen:
Welche strategischen Herausforderungen gibt es in der Branche?
Welche Leadership-Anforderungen müssen im Rahmen dieser strategischen Herausforderungen erfüllt werden? 
Wie ist der eigene Umgang mit diesen beiden Themen?
In allen anderen Branchen wurde immer wieder die Herausforderung „Digitalisierung“ genannt. Jetzt waren wir natürlich gespannt, wie die Personen, die genau diese Digitalisierung in ihren Firmen umsetzen, die Herausforderungen in ihrem Bereich sehen.
Diskutiert haben Patrick Comboeuf, soeben im Wechsel von SBB zu Swisslife, Beat Enderlin von der Suva, Marco Gasser von 20 Minuten, Barbara Josef von Microsoft Schweiz GmbH, Yves Mäder von Ricardo, Christian Meier von montavent AG und natürlich die Vertreter der HWZ mit Matthias Mölleney, Manuel Nappo und Sybille Sachs.

Herausforderungen in der Branche
Kultur – Kultur – Kultur – immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass ohne Kulturwandel keine Digitalisierung möglich ist. Es reicht nicht, dass die Marketingabteilung mit der Digitalisierung betraut wird und dass die Firma über diesen Weg auf Twitter und Facebook präsent sind. Über Tools findet kein Kulturwandel statt, die Führung bleibt dieselbe, das Misstrauen gegenüber diesen Tools auch. Das grosse Problem ist die Führungscrew, die noch einer Generation angehört, die z.T. noch ohne Computer erwachsen wurden, die diese Digitalisierung nicht als das ansehen, was es sein kann: ein Quantensprung im (Arbeits-)Leben miteinander.
Der digitale Wandel bewirkt, dass Geschäftsideen nicht nur von oben kommen und durch die verschiedenen Kaderstufen nach unten transportiert werden. Damals stand der Manager medial an vorderster Front und erhielt auch die Lorbeeren dafür. Heute kommen viele tolle Ideen von der Basis und durch die Verbreitung über die verschiedenen Medienkanäle erhalten auch diese Leute den Ruhm für ihre Idee und Arbeit. Es geht in einer digitalisierten Welt nicht darum, Ideen alleine zu generieren und für sich zu behalten, weil Wissen Macht bedeutet, sondern die Ideen werden geteilt , damit sie weiterentwickelt werden. Das Netz wird zur Plattform für Wissensmanagement.
Viele Firmen können aber mit dieser Art der Kommunikation noch nicht umgehen. Oft hört man noch den Kommentar: „Du darfst das nicht aufs Netz stellen, das ist nicht mit uns abgesprochen“. Das grosse Potential an der Netzcommunity wird nicht gesehen.
Die Vertreter der Firmen, die eher jünger aufgestellt sind und eine flache Hierarchie haben, können bestätigen, dass sie diese unterschiedliche Kultur kaum haben. Ihr Business ist bereits digital und es gibt keine Unterscheidung in „digitale Welt“ und „reale Welt“. Hingegen sind die Herausforderungen ähnlich, wie bei den meisten anderen Unternehmen, nämlich das aktuelle Geschäftsmodell auf Zukunftsträchtigkeit zu prüfen und neue Geschäftsmodelle zu finden. Zur Digitalisierung gehören auch eine Menge neuer Tools. Die Übersicht darüber, welches Tool nun das richtige für die eigene Firma ist, ist aber nicht klar. Unsere Diskussionsteilnehmenden meinten aber, es sei keine Frage des Tools, sondern eine Frage der Denkhaltung. Die Frage ist dabei, was man heute neu machen kann, was früher noch nicht ging. Heute ist es für die Kommunikationsabteilung möglich, Informationen zu einem bevorstehenden kritischen Presseartikel über die Firma auf das interne Netz zu stellen, bevor die Öffentlichkeit etwas davon weiss. In der Firma kann darüber diskutiert werden, die Mitarbeitenden geben Inputs und jeder weiss, worum es geht. Früher musste man im Nachhinein zum Presseartikel Stellung nehmen und erklären, wie nun dazu kommuniziert wird. Dabei ist es unerheblich, welches Tool verwendet wird. 

Leadership-Herausforderungen in diesem Bereich
Die grösste Leadership-Herausforderung ist, die Leader dazu zu bringen, ihr persönliches kulturelles System an die Digitalisierung anzupassen.
Wie bringt man z.B. einen CEO dazu, etwas Neues auszuprobieren, von dem er nicht weiss, wie erfolgreich es sein kann, weil es nicht seiner jetzigen Welt entspricht, in der er sozialisiert wurde? Seine nächste Station ist vermutlich ein Verwaltungsratsmandat. Eine Möglichkeit ist, ihm nun aufzuzeigen, dass wenn er Mut beweist und die Firma in diese „neue“ Welt führt, sich seine Chancen auf einen Verwaltungsratsposten erhöhen. Und somit steigen die Chancen, dass er in einer solchen Herausforderung auch einen persönlichen Nutzen und eine Perspektive sieht. Erst dann dürfte er auch bereit sein, dieses Abenteuer einzugehen.
Die Schwierigkeit bei grossen Unternehmen besteht aber auch darin, dass Anweisungen über die Hierarchiestufen hinweg verwässern und versanden. In der Schwerfälligkeit dieser grossen Unternehmen gibt es immer wieder Kaderstufen, die von unseren Diskussionsteilnehmenden „Lähmschicht“ genannt wurden, da sie jegliche Neuerungen verhindern. Ob das absichtlich passiert, oder einfach, weil sie sich durch all die Tools und der damit verbundenen neuen Kultur komplett überfordert fühlen, ist nicht klar. Wie können wir nun von kleinen Unternehmen lernen und deren Ideen in ein mittleres Kader einbringen, damit diese Leute selbst wieder unternehmerisch tätig werden und für den Wandel einstehen? Eine Möglichkeit ist sicher, dass man wirtschaftlich aufzeigen kann, dass ein Unternehmen anschlussfähiger ist und innovativere Produkte herstellt.
Eine weitere Frage war, wie ein solcher Kulturwandel begleitet werden kann. Es reicht nicht, dass man ein neues Tool benutzt. Man muss dazu neue Nutzerkonzepte einführen, wie das neue Tool verwendet wird. Es soll für die Menschen nicht einfach eine zusätzliche Plattform sein, die bewirtschaftet werden muss. Die Leute sollen spüren, dass ihnen die Digitalisierung die Kommunikation erleichtert. Das heisst auch, dass man alte Tools abschafft.
Ist eine Firma bereits digital aufgestellt, ist es für neue Mitarbeitende einfacher, sich dieser Kultur anzupassen. Einerseits ist jemand, der einen neuen Job sucht auch motiviert, etwas Neues zu lernen, andererseits sucht sich das Unternehmen auch Personen aus, die in die Firma passen.
Ist ein Kulturwandel auch von unten nach oben möglich? Können Leute, die von der Netzcommunity als Leader angesehen werden, auch in einem Unternehmen z.B. als eine Art Fackelträger Veränderung bewirken? Unsere Diskussionsrunde war sich darüber nicht einig. Für das einzelne Individuum ist es kaum möglich, die Kultur eines Unternehmens zu ändern, wenn nicht auch die Unternehmensleitung die Änderung unterstützt. Viele Unternehmen wissen jedoch, dass sie der Generation Y mehr Gehör geben muss. Nur inwieweit sind sie tatsächlich dazu bereit?

Eigener Umgang mit Leadership
Digitalisierung findet sicher nicht ohne Tool statt und auch wenn es nicht so wichtig ist, welches Tool man verwendet, hilft die Toolflut nicht dabei, einen Kulturwandel zu beschleunigen. Wichtig ist aber, dass man die Neugierde nicht verliert, und immer wieder Neues ausprobiert, und dies auch vorlebt. Es braucht auch Raum für Entrepreneurship, Mut soll belohnt und nicht bestraft werden. Das unternehmerische Denken muss gefördert werden, nicht nur das Thema Digitalisierung.
Mit dem Schlusssatz: Wer den Wandel managen will, muss das Managen wandeln, hat Matthias Mölleney die Diskussion geschlossen.

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