Wenn man in Wikipedia homo oeconomicus nachschlägt, wird man mit der folgenden Aussage begrüsst:
„Auch wenn diese Nutzenfunktion einen teilweisen oder völlig altruistischen Menschen beschreiben kann, muss dies nicht bedeuten, dass irgendeine moralische oder ethische Grundhaltung unterstellt wird.“
Das Problem mit dieser Selbstauffassung ist, dass die
Nutzenfunktion nur dann einen Sinn hat, wenn es von einem rationalen Akteur
ausgeschöpft wird, der in einer Welt des Maximierens und der Effizienz lebt.
Nun ist es aber so, dass Begriffe wie „rational“, „Effizienz“, „Nutzen“ oder
„maximieren“ nicht nur einen normativen Kern haben, aber auch rein sprachlich
ein normatives Framing portieren. „Irrational“, „inneffizient“,
„nutzlos“ oder „nicht-maximieren“ sind nicht nur unerwünscht, sprengen sogar
dieses Wirtschaftsmodell. Und somit wird alles, sogar der homo
oeconomicus selbst, nur ein Mittel zum höheren Zweck des rationalen und
effizienten Markts des Maximierens.
Das Scheitern der modernen Ökonomie:
·
Epistemologisch: “Economics
is not only a social science, it is a genuine science. Like the physical
sciences, economics uses a methodology that produces refutable implications...“
behauptet Edward Lazear, Star-Ökonom an der Stanford Business School. Nur
stimmt das nicht. Denn: Ökonomie ist nicht Physik! Da Menschen unendlich
komplexer in ihrem Verhaltensrepertoire sind als z.B. Gasmoleküle, scheitern
sämtliche ökonomischen Modelle und mathematischen Ableitungen an der Realität.
Die Ökonomie steht vor der unlösbaren Aufgabe, entweder ihre Modelle so zu
vereinfachen, dass sie ihren Realitätsanspruch verlieren (mangelnde externe
Validität), oder die Komplexität ihrer Modelle so zu steigern, dass sie zwar
den einschlägigen Variablen Rechnung tragen, aber durch deren schiere Anzahl
und Unkontrollierbarkeit eine eindeutige Rückverfolgung einer Variabilität
verunmöglicht (mangelnde interne Validität).
·
Empirisch-Prognostisch: Dieses
epistemologische Scheitern führt zu einer prognostischen Inkompetenz, was sie
wiederum als exakte Wissenschaft, wie die Physik es ist, versagen lässt.
·
Normativ: Die moderne Ökonomie ist
nicht entsprechend ihrem Selbstverständnis „wertfrei“, sondern propagiert ein
Menschen- und Gesellschaftsbild, das diametral zu Verhaltenseigenschaften wie
Mitgefühl, Selbstlosigkeit, Teilen und Zurückhaltung ist.
·
Überheblichkeit: Ein bedeutender
Teil der Ökonomenzunft entbehrt sich jeglicher Selbst-Kritik, das sie zur
nötigen Reform anspornen könnte. Edward Lazear bringt es wieder – mit
selbstbestätigender Logik – hervorragend auf den Punkt: “By almost any
market test, economics is the premier social science.”
Es gibt Bereiche der Ökonomie, vorwiegend der Mikroökonomie,
die die Bezeichnung „exakte Wissenschaft“ verdient haben. Doch es bedarf
einiger Bescheidenheit, um zu einer realitätstreueren und dadurch für uns
Menschen und Natur dienlicheren Wissenschaft zu finden. Und dies erfordert ein
Stakeholder mit inhärenter Würde als zentraler Ausgangspunkt.
Manuel Dawson
1. Der Homo oeconomicus propagiert ein
nutzenmaximierendes, Wertfreies, bzw. Wertbefreites, Menschen- und
Gesellschaftsbild, der jeglichen Stakeholder mit inhärenter Würde
verunmöglicht.
2. Der Selbstanspruch der modernen Ökonomie eine
exakte Wissenschaft à la Physik zu sein, ist gescheitert. Eine gute Dosis
Bescheidenheit und einem Stakeholder als Ausgangspunkt würde zu einer für
Menschen und Natur dienlicheren Wissenschaft führen.
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