Im Falle von China als Investor stehen solche marktlichen
Überlegungen nicht im Vordergrund. China hat seit 2014 Richtlinien in Kraft gesetzt, die den Erwerb
ausländischer Firmen durch einheimische Unternehmungen massiv erleichtern.
Zudem hat der Staat für ausländische Akquisitionen grosse finanzielle Mittel bereitgestellt.
Damit können sich chinesische Firmen in Zukunft das für sie relevante Wissen
und Kernkompetenzen durch Akquisitionen verfügbar machen und damit auch ihre
Position im internationalen Wettbewerb stärken, ohne dass dafür gängige
marktliche Mechanismen entscheidend
sind. Es liegen im Syngenta Fall also ganz andere Rahmenbedingungen vor als bei
sonst üblichen Firmenakquisitionen: ChemChina ist eine Unternehmung in Staatsbesitz offenbar mit einem industriepolitischen
Zusatzauftrag, Wissen und nachhaltige
Kernkompetenzen für die gesamte chinesische Wirtschaft zu erwerben.
Das Einfliessen von staatlichem Kapital in solchem Umfang bedeutet
aber auch, dass nicht mehr nur Unternehmungen miteinander im Wettbewerb stehen,
sondern ganze wirtschaftliche Ordnungssysteme. Monsanto, bis anhin Branchenführer,
reagierte folglich ebenfalls auf der übergeordneten Ebene des Ordnungssystems und
unterbreitet nicht etwa ein wirtschaftlich attraktiveres Angebot als ChemChina, sondern lobbyiert
massiv beim amerikanischen Komitee für Auslandsinvestitionen (CFIUS), das
diesen Deal offenbar auf politischer Ebene behindern könnte.
Dass Wirtschaft und Politik eng miteinander verzahnt sind,
ist nichts Neues. Bemerkenswert ist aber, dass im Staatskapitalismus von China,
ein einzelner Stakeholder das gesamte, sonst marktwirtschaftlich geprägte Stakeholdernetz
dominieren und steuern kann. Dies steht im Gegensatz zu den Mechanismen des privatwirtschaftlichen
Kapitalismus, in welchem kein Stakeholder a priori in vergleichbarem Ausmasse
den übrigen Stakeholdern hierarchisch übergeordnet ist. Forschungen über das
spezifische Stakeholder Management im chinesischen Kontext thematisieren diesen
Steuerungseffekt des gesamten Stakeholdernetzwerk durch die zentrale Regierung bereits in anderen
Bereichen wie etwa bei den Arbeitsbedingungen und die damit
verbundenen Auswirkungen (vgl. Meier 2014, 227 ff).
Es wird nun wesentlich sein, dass künftig diese Erkenntnisse
der unterschiedlichen Mechanismen von Stakeholdernetzwerken auch in der Praxis
des globalen Wettbewerbs Eingang finden,
damit Unternehmungen im privatwirtschaftlichen Kontext bei Akquisitionen
nicht benachteiligt werden und ein undurchsichtiger Machtkampf auf politischer Ebene um Wissen und Kernkompetenzen von Unternehmungen hinter den Kulissen verhindert werden kann. Die Reaktion
in der Schweiz sollte sich dabei nicht bloss darauf beschränken, dass Schweizer Firmen diese neue Situation ohne wirtschaftspolitische
Massnahmen zu bewältigen haben. Der Bundesrat und wesentliche Stakeholder wie etwa die Arbeitgeber und Arbeitnehmer von betroffenen
Branchen sind aufgerufen, dazu gemeinsam
geeignete Massnahmen zu entwickeln.
Sybille Sachs
Konklusion aus der Stakeholder-Perspektive:
·
Der Steuerungseffekt von Stakeholdernetzwerken
ist vom jeweiligen wirtschaftlichen System massiv beeinflusst.
·
Für die Bewältigung des Wettbewerbes
unterschiedlicher Wirtschaftssysteme braucht es auch für die Schweizer
Wirtschaft ein Multistakeholdersetting, in dem die betroffenen Stakeholder
aktiv gemeinsame Lösungen entwickeln.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen