Kurz
nach den Sommerferien sind wir wieder mit unseren Gipfeli-Konferenzen
gestartet. Hochspannend hat es angefangen mit dem Thema E-Commerce. Digitale
Vordenker haben den Weg in die HWZ gefunden und diskutierten über unsere bereits
bekannten Fragen:
Welche strategischen Herausforderungen gibt es in
der Branche?
Welche Leadership-Anforderungen müssen im Rahmen
dieser strategischen Herausforderungen erfüllt werden?
Wie ist der eigene Umgang mit diesen beiden Themen?
In
allen anderen Branchen wurde immer wieder die Herausforderung „Digitalisierung“
genannt. Jetzt waren wir natürlich gespannt, wie die Personen, die genau diese
Digitalisierung in ihren Firmen umsetzen, die Herausforderungen in ihrem
Bereich sehen.
Diskutiert
haben Patrick Comboeuf, soeben im Wechsel von SBB zu Swisslife, Beat Enderlin
von der Suva, Marco Gasser von 20 Minuten, Barbara Josef von Microsoft Schweiz
GmbH, Yves Mäder von Ricardo, Christian Meier von montavent AG und natürlich
die Vertreter der HWZ mit Matthias Mölleney, Manuel Nappo und Sybille Sachs.
Herausforderungen
in der Branche
Kultur
– Kultur – Kultur – immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass ohne
Kulturwandel keine Digitalisierung möglich ist. Es reicht nicht, dass die
Marketingabteilung mit der Digitalisierung betraut wird und dass die Firma über
diesen Weg auf Twitter und Facebook präsent sind. Über Tools findet kein
Kulturwandel statt, die Führung bleibt dieselbe, das Misstrauen gegenüber
diesen Tools auch. Das grosse Problem ist die Führungscrew, die noch einer
Generation angehört, die z.T. noch ohne Computer erwachsen wurden, die diese
Digitalisierung nicht als das ansehen, was es sein kann: ein Quantensprung im
(Arbeits-)Leben miteinander.
Der
digitale Wandel bewirkt, dass Geschäftsideen nicht nur von oben kommen und
durch die verschiedenen Kaderstufen nach unten transportiert werden. Damals
stand der Manager medial an vorderster Front und erhielt auch die Lorbeeren
dafür. Heute kommen viele tolle Ideen von der Basis und durch die Verbreitung
über die verschiedenen Medienkanäle erhalten auch diese Leute den Ruhm für ihre
Idee und Arbeit. Es geht in einer digitalisierten Welt nicht darum, Ideen
alleine zu generieren und für sich zu behalten, weil Wissen Macht bedeutet,
sondern die Ideen werden geteilt , damit sie weiterentwickelt werden. Das Netz
wird zur Plattform für Wissensmanagement.
Viele
Firmen können aber mit dieser Art der Kommunikation noch nicht umgehen. Oft
hört man noch den Kommentar: „Du darfst das nicht aufs Netz stellen, das ist
nicht mit uns abgesprochen“. Das grosse Potential an der Netzcommunity wird
nicht gesehen.
Die
Vertreter der Firmen, die eher jünger aufgestellt sind und eine flache
Hierarchie haben, können bestätigen, dass sie diese unterschiedliche Kultur
kaum haben. Ihr Business ist bereits digital und es gibt keine Unterscheidung
in „digitale Welt“ und „reale Welt“. Hingegen sind die Herausforderungen
ähnlich, wie bei den meisten anderen Unternehmen, nämlich das aktuelle
Geschäftsmodell auf Zukunftsträchtigkeit zu prüfen und neue Geschäftsmodelle zu
finden. Zur Digitalisierung gehören auch eine Menge neuer Tools. Die Übersicht
darüber, welches Tool nun das richtige für die eigene Firma ist, ist aber nicht
klar. Unsere Diskussionsteilnehmenden meinten aber, es sei keine Frage des
Tools, sondern eine Frage der Denkhaltung. Die Frage ist dabei, was man heute
neu machen kann, was früher noch nicht ging. Heute ist es für die
Kommunikationsabteilung möglich, Informationen zu einem bevorstehenden
kritischen Presseartikel über die Firma auf das interne Netz zu stellen, bevor
die Öffentlichkeit etwas davon weiss. In der Firma kann darüber diskutiert
werden, die Mitarbeitenden geben Inputs und jeder weiss, worum es geht. Früher
musste man im Nachhinein zum Presseartikel Stellung nehmen und erklären, wie
nun dazu kommuniziert wird. Dabei ist es unerheblich, welches Tool verwendet
wird.
Leadership-Herausforderungen
in diesem Bereich
Die
grösste Leadership-Herausforderung ist, die Leader dazu zu bringen, ihr
persönliches kulturelles System an die Digitalisierung anzupassen.
Wie
bringt man z.B. einen CEO dazu, etwas Neues auszuprobieren, von dem er nicht
weiss, wie erfolgreich es sein kann, weil es nicht seiner jetzigen Welt
entspricht, in der er sozialisiert wurde? Seine nächste Station ist vermutlich
ein Verwaltungsratsmandat. Eine Möglichkeit ist, ihm nun aufzuzeigen, dass wenn
er Mut beweist und die Firma in diese „neue“ Welt führt, sich seine Chancen auf
einen Verwaltungsratsposten erhöhen. Und somit steigen die Chancen, dass er in
einer solchen Herausforderung auch einen persönlichen Nutzen und eine
Perspektive sieht. Erst dann dürfte er auch bereit sein, dieses Abenteuer
einzugehen.
Die
Schwierigkeit bei grossen Unternehmen besteht aber auch darin, dass Anweisungen
über die Hierarchiestufen hinweg verwässern und versanden. In der
Schwerfälligkeit dieser grossen Unternehmen gibt es immer wieder Kaderstufen,
die von unseren Diskussionsteilnehmenden „Lähmschicht“ genannt wurden, da sie
jegliche Neuerungen verhindern. Ob das absichtlich passiert, oder einfach, weil
sie sich durch all die Tools und der damit verbundenen neuen Kultur komplett
überfordert fühlen, ist nicht klar. Wie können wir nun von kleinen Unternehmen
lernen und deren Ideen in ein mittleres Kader einbringen, damit diese Leute
selbst wieder unternehmerisch tätig werden und für den Wandel einstehen? Eine
Möglichkeit ist sicher, dass man wirtschaftlich aufzeigen kann, dass ein
Unternehmen anschlussfähiger ist und innovativere Produkte herstellt.
Eine
weitere Frage war, wie ein solcher Kulturwandel begleitet werden kann. Es
reicht nicht, dass man ein neues Tool benutzt. Man muss dazu neue
Nutzerkonzepte einführen, wie das neue Tool verwendet wird. Es soll für die
Menschen nicht einfach eine zusätzliche Plattform sein, die bewirtschaftet
werden muss. Die Leute sollen spüren, dass ihnen die Digitalisierung die
Kommunikation erleichtert. Das heisst auch, dass man alte Tools abschafft.
Ist
eine Firma bereits digital aufgestellt, ist es für neue Mitarbeitende
einfacher, sich dieser Kultur anzupassen. Einerseits ist jemand, der einen
neuen Job sucht auch motiviert, etwas Neues zu lernen, andererseits sucht sich
das Unternehmen auch Personen aus, die in die Firma passen.
Ist
ein Kulturwandel auch von unten nach oben möglich? Können Leute, die von der
Netzcommunity als Leader angesehen werden, auch in einem Unternehmen z.B. als
eine Art Fackelträger Veränderung bewirken? Unsere Diskussionsrunde war sich
darüber nicht einig. Für das einzelne Individuum ist es kaum möglich, die
Kultur eines Unternehmens zu ändern, wenn nicht auch die Unternehmensleitung
die Änderung unterstützt. Viele Unternehmen wissen jedoch, dass sie der
Generation Y mehr Gehör geben muss. Nur inwieweit sind sie tatsächlich dazu
bereit?
Eigener
Umgang mit Leadership
Digitalisierung
findet sicher nicht ohne Tool statt und auch wenn es nicht so wichtig ist,
welches Tool man verwendet, hilft die Toolflut nicht dabei, einen Kulturwandel
zu beschleunigen. Wichtig ist aber, dass man die Neugierde nicht verliert, und
immer wieder Neues ausprobiert, und dies auch vorlebt. Es braucht auch Raum für
Entrepreneurship, Mut soll belohnt und nicht bestraft werden. Das unternehmerische
Denken muss gefördert werden, nicht nur das Thema Digitalisierung.
Mit
dem Schlusssatz: Wer den Wandel managen will, muss das Managen wandeln, hat
Matthias Mölleney die Diskussion geschlossen.
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