Problematischer
wird es aber, wenn Unternehmen beginnen, die Kosten für das Einfrieren von
Eizellen ihrer Arbeitnehmerinnen zu übernehmen. Denn dadurch greifen sie elementar in einen grundsätzlich privaten Bereich ein. In den Medien
wird viel darüber berichtet, dass Facebook und Apple neben anderen nun auch
diese Kosten im Bereich der Familienplanung bezahlen.
Unter dem verkündeten
Credo, dass „social freezing“ den Frauen den biologischen Zeitdruck nehme,
dadurch die Motivation im Job steigere und ihre Karrieremöglichkeiten
verbessere, werden jedoch primär unternehmenseigene Interessen verfolgt. Qualifizierte
Frauen können dadurch nämlich ohne Unterbrechung und möglichst vollzeitlich behalten
und entwickelt werden. Der potentielle Nutzen für das Unternehmen ist sichtbar,
keine Frage.
Doch wie
sieht es für den Stakeholder Mitarbeiterinnen aus? In unserer Multioptionsgesellschaft
werden weichenstellende Entscheidungen zeitlich oft immer weiter nach hinten
geschoben, mit dem Ziel, sich möglichst viele Optionen möglichst lange zu erhalten.
Durch Unternehmen bezahltes „social freezing“ befördert dieses Verhalten. Ob nämlich
der „richtige Zeitpunkt“ dadurch besser zu erwischen ist, darf stark bezweifelt
werden: man wird kaum entscheidungsfreudiger nur weil man älter ist. Ausserdem ist die Karriere oder ein engagiertes
Berufsleben auch mit 50 oder darüber nicht einfach besiegelt: gerade höhere Positionen
sind oft durch sehr erfahrene Mitarbeitende besetzt. Unter dem Strich dürfte trotz „Fristerstreckung“ die Chance hoch sein, den
richtigen Zeitpunkt erneut zu verpassen.
Welchen
Stellenwert die Kinder im Leben einer Frau und auch eines Mannes haben, kann
eigentlich nur aufgrund der Erfahrung beurteilt werden, d.h. wenn diese auch
wirklich da sind, man sich also für diese Option entschieden hat. Durch ein Kind kann sich die
Wahrnehmung des Sinns des Lebens oder, prosaischer ausgedrückt, die
Prioritätensetzung im Leben einer Person (Frau wie Mann) verändern.
Der
Entscheid für „social freezing“ erleichtert einem die temporäre Verdrängung
dieser Erfahrung. Und die unternehmerische Kostenübernahme unterstützt ihn aus
Eigeninteresse, ohne den so einfach zu verpassenden „richtigen
Moment“ zu thematisieren.
Insgesamt
ist es einfach, den unternehmerischen Nutzen des bezahlten Einfrierens von
Eizellen zu erkennen. Aber den Wert für die Frau, die potentielle Familie (also
auch den Mann) und für die bezüglich Optionseinschränkungen
entscheidungsschwache Gesellschaft zu erkennen ist schwierig.
Claude Meier
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