Bei der Masseneinwanderungsinitiative geht es um sehr viel. Durch die
Aufkündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU (notabene eine ihrer vier
Grundfreiheiten) gerieten möglicherweise die gesamten bilateralen Verträge zwischen
der Schweiz und der EU ins Wanken. Allen voran bekämpft die Wirtschaft die
Initiative. Sie betont die Wichtigkeit der Personenfreizügigkeit für die
Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften. Eine Abkehr davon geschähe auf
Kosten des wirtschaftlichen Erfolgsmodells Schweiz.
Wirtschaftkreise argumentieren immer ähnlich bei Vorlagen, welche sie potentiell negativ tangieren. Aus deren Sicht ist das grundsätzlich verständlich. Die zuweilen übertrieben anmutenden Szenarien von wirtschaftlichen Düsterkeiten im Falle eines Jas zielen aber mutmasslich darauf wirtschaftsfernere Kreise das Fürchten zu lehren, so dass diese im Sinne der stark partikular vorgebrachten Interessen der Wirtschaft abstimmen. Im Nein-Lager zur Initiative sind die wirtschaftlichen Argumente klar dominant.
Bei einem echten problemorientierten Ansatz trüge aber auch die Wirtschaft eine grosse Verantwortung: sie müsste unbedingt davon ablassen, ihre Interessen politisch zu partikular – und daher von den Anliegen der „Allgemeinheit“ entkoppelt – zu bewirtschaften. Da bei einem Nein kein Druck mehr vorhanden ist, wird dies aber kaum eintreten. Ein Ja umgekehrt führte in eine nicht problemorientierte Isolation.
Wirtschaftkreise argumentieren immer ähnlich bei Vorlagen, welche sie potentiell negativ tangieren. Aus deren Sicht ist das grundsätzlich verständlich. Die zuweilen übertrieben anmutenden Szenarien von wirtschaftlichen Düsterkeiten im Falle eines Jas zielen aber mutmasslich darauf wirtschaftsfernere Kreise das Fürchten zu lehren, so dass diese im Sinne der stark partikular vorgebrachten Interessen der Wirtschaft abstimmen. Im Nein-Lager zur Initiative sind die wirtschaftlichen Argumente klar dominant.
Geht es den Gegner primär um wirtschaftlichen Liberalismus, geht
es den Befürwortern im Kern um die Einführung einer restriktiveren Einwanderungspolitik.
Beide Argumentationen missachten, dass die Migration zu erfolgreichen
Metropolregionen (durch hoch oder niedrig Qualifizierte) eine elementare,
politisch nicht verhinderbare Realität der heutigen Welt ist. Die Migration zu diesen
Metropolregionen ist ein globales Phänomen: ob Zürich, Hamburg, Paris, Mumbai
oder Moskau: alle erfolgreichen Metropolregionen ziehen Menschen aus dem
jeweiligen In- und Ausland an. Dies hat neben klar positiven Auswirkungen auch
negative: nicht nur verändert sich die Siedlungsstruktur sondern die gesamte infrastrukturelle
und soziale Geographie einer Gegend verändert sich (z.B. Dichteprobleme wie
Wohnraumknappheit; schnell ändernde gesellschaftliche Gefüge).
Mit einer Masseneinwanderungsinitiative ist dem nicht beizukommen.
Trotzdem haben in vielen europäischen Ländern konservativ-isolationistische
Kräfte Zulauf. Deren Lösungsansatz einer Rückkehr zum autarken und heilen
Nationalstaat muss unter den gegebenen Realitäten jedoch scheitern. Umgekehrt
lösen Forderungen nach grenzenlosen wirtschaftlichen Opportunitäten diese
Probleme selbstredend auch nicht. Im Gegenteil, sie fördern den Trend der
Migration in die Metropolregionen (z.B. Stichwort „Wettbewerb um Talente“) ohne
deren Probleme sehen zu wollen oder zu reflektieren.
Die guten Erfolgsaussichten der Masseneinwanderungsinitiative können
u.a. so gelesen werden, dass dahinter u.a. die erwähnten vielschichtigen
Probleme der Migration in Metropolregionen stehen: dieser Schuh drückt viele
BürgerInnen. Die Diskussion sollte sich daher im Kern nicht darum drehen, ob –
spitz formuliert – die Schweiz eine völlige (wirtschaftliche) Isolation oder
eine totale wirtschaftliche Öffnung will. Sondern darum, wie die (schon seit
vor der Personenfreizügigkeit stattfindende) Realität des Zuzugs in
erfolgreiche Metropolregionen für möglichst alle Anspruchsgruppen positiv oder
zumindest erträglich gestaltet werden kann. D.h. die Politik ist gefordert, die
Probleme anzugehen. Davon ist man aber noch weit entfernt, gerade auch im trotz
EU sehr heterogenen und institutionell nur partiell verwobenen Europa.
Bei einem echten problemorientierten Ansatz trüge aber auch die Wirtschaft eine grosse Verantwortung: sie müsste unbedingt davon ablassen, ihre Interessen politisch zu partikular – und daher von den Anliegen der „Allgemeinheit“ entkoppelt – zu bewirtschaften. Da bei einem Nein kein Druck mehr vorhanden ist, wird dies aber kaum eintreten. Ein Ja umgekehrt führte in eine nicht problemorientierte Isolation.
Fazit: Bezüglich der Frage, ob nun ein Ja oder ein Nein in die
Urne gehört, schliesse ich mich Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga an, die in
der Polit-Sendung Arena vortrug, dass ein Ja aus reinem Protest in dieser
Abstimmung fehl am Platz sei.
Claude Meier